Lucie Panzer meint

„Besteuert mich jetzt!“

Zwei Füße, der rechte in schicker Anzughose und Schuhen, der linke in Jeans und kaputtem Schuh. Kolumne
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Die Prognose für das Wirtschaftswachstum in Deutschland liegt bei 0,3%. In vielen Unternehmen werden Arbeitsplätze abgebaut. Gleichzeitig lese ich, dass der Deutsche Aktienindex auf ein Allzeithoch geklettert ist, und ein großer Stuttgarter Autohersteller schüttet die höchste Dividende aller Zeiten für seine Aktionäre aus. Wie passt das zusammen? Die Armen werden ärmer, die Reichen reicher – scheint zu stimmen.  

Ich denke immer noch: Aktionäre sind Mitinhaber. Sie haben deshalb Interesse daran, dass gute Produkte hergestellt werden und dass Menschen Arbeit haben. Das sind gute Unternehmer, die so denken. Gewinne werden weitgehend in den Betrieb gesteckt, damit er weiter floriert. Natürlich haben die Anleger auch teil am Gewinn. Aber ist das die Hauptsache? In den Börsennachrichten ist aber eigentlich nur noch vom Gewinn die Rede. Und wenn Firmen Arbeitsplätze wegsparen, dann steigt für die Aktionäre die Dividende. 

„Arme sollte es bei euch gar nicht geben!“ (5. Mose 15, 4) So heißt der soziale Grundsatz im Alten Testament. Im Februar sind beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos 250 Millionäre und Milliardäre aufgetreten. In einem offenen Brief haben sie gefordert:  „tax me now“ (Besteuert mich jetzt). Ich weiß nicht, ob sie den Satz aus der Bibel kennen. Aber sie schreiben: Extremer Reichtum ist das drängendste Problem der Welt. Der wahre Maßstab für eine Gesellschaft liegt nicht nur darin, wie sie ihre schwächsten Mitglieder behandelt, sondern auch darin, was sie von ihren reichsten Mitgliedern verlangt. Mich beeindruckt das. In unserem Land dagegen scheint den Politikern eine Vermögenssteuer oder Vermögensabgabe für Reiche kaum vorstellbar. Das sei uns Wählern nicht zumutbar. Und auch wir mit normalen Einkommen sind stolz, wenn wir ein paar Schlupflöcher für die Steuer gefunden haben. Im Appell der Millionäre heißt es dagegen, sie wären stolz darauf, einen angemessenen Beitrag für das Wohl ihrer Länder leisten zu können.  

Wie gut wäre es für unsere Welt, wenn alle so denken würden!

Das meint Lucie Panzer. Und was meinen Sie?

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